
Gibt es noch Waldhonig in der Schweiz?
In diesem Blogartikel erfahren Sie, wie Waldhonig in der Schweiz definiert ist und ob es in der Schweiz noch echten Waldhonig gibt.
Wie wird Waldhonig definiert?
Wenn Sie an Waldhonig denken, haben Sie jetzt wohl einen dunkelbraunen zähflüssigen Honig vor Augen und ein intensives malziges Aroma auf der Zunge.
Ergänzend zur Farbe, Konsistenz und dem Aroma definiert der Deutsche Imkerbund E.V., dass Waldhonig vollständig von Pflanzen aus Wäldern stammen muss. Parkanlagen in städtischen Umgebungen gelten nicht als Wald. Die elektrische Leitfähigkeit muss mindestens 0,80 mS/cm betragen. Typische mikroskopische Merkmale eines Waldhonigs sind Pilzelemente und Algen (Quelle: Honigsorten-Bezeichnung DIB)
Nach langer Recherche habe ich für die Schweiz eine rudimentäre Definition im Lebensmittelbuch Kapitel 23A gefunden. Eine Abgrenzung zu anderen Hoingsorten ist damit jedoch nicht möglich.
Quelle: Schweizer Lebensmittelbuch Kapitel 23A Honig.
Ich habe verschiedene Organisationen rund um die Imkerei angefragt: Bienen Schweiz, Apiservice und ein privater Anbieter von Honiganalysen. Teilweise haben diese Organisationen auf die deutsche Definition verwiesen, ergänzend wurde festgehalten, dass Waldhonig kein Pollen von Kastanien enthalten darf. Damit scheidet der grösste Wald der Schweiz im Maggiatal als Waldhonigspender aus. Der grösste mögliche Waldhonigwald liegt somit im Jura. Wir wissen, dass Bienen 3 km oder weiter fliegen, somit fliegen in der Schweiz alle Bienen auch ausserhalb vom Wald Trachtquellen an.
Die präziseste Abgrenzung von Waldhonig gegenüber Blüten- oder Blatthonigen ist über die gemessene elektrische Leitfähigkeit (mS/cm). Süsswasser hat eine Leitfähigkeit von 1 mS/cm. Blütenhonige leiten elektrischen Strom viel schlechter, so leitet Rapshonig Strom viermal schlechter. Er hat eine elektrische Leitfähigkeit von maximal 0.22 mS/cm; Obstblütenhonig 0.2 – 0.4 mS/cm. Deutlich höhere Leitfähigkeiten haben Weisstannenhonig mit mindestens 1.1 mS/cm und Fichtenhonig mit 0.8 mS/cm (Quelle: Honigsorten-Bezeichnungen, DIB).
Definition Waldhonig:
Waldhonig hat eine elektrische Leitfähigkeit von > 0.8 mS/cm und enthält keinen Pollen von Kastanien.
Mit dieser Definition ist sichergestellt, dass Waldhonig zu einem grossen Anteil von Weisstannen und Fichten stammt.
Gibt es in der Schweiz noch Waldhonig?
Tannen und Fichten habe keine Blüten mit Nektar. Der Honig von diesen Bäumen ist ein Honigtau. Honigtau ist eine zuckerhaltige Ausscheidung von an Pflanzen saugenden Insekten.
Die Honigtauerzeuger auf der Fichte sind die Rotbraune Bepuderte Fichtenrindenlaus (Cinara pilicornis), die Grosse Schwarze Fichtenrindenlaus (Cinara piceae) und die Kleine Fichtenquirlschildlaus (Physokermes hemicryphus). Die Fichte honigt vor allem im Juni und Juli.
Die Honigtauerzeuger an der Weisstanne sind die Grüne Tannenhoniglaus (Cinara pectinatae) und die Grosse Braunschwarze Tannenrindenlaus (Cinara confinis). Diese beiden Läuse der Weisstanne honigen erst später im Juli oder August und damit deutlich später als die Läuse der Fichte.
Der Wald in der Schweiz hat sich in den letzten Jahrzenten sehr stark verändert. Die klimasensitive Fichte leidet bei langen Trockenperioden. Die Bestände der Fichte sind im Mittelland und an den Voralpen deutlich zurückgegangen und haben Laubbäumen Platz gemacht. Es ist zu erwarten, dass sich die Fichte weiter in die höheren Lagen zurückziehen wird (Quelle: Zwischenergebnisse des fünften Landesforstinventars LFI5, BAFU). Die geschwächten Fichtenbestände hatten in den vergangenen Jahren keine Waldtracht mehr ermöglicht. Gebiete mit vielen Weisstannen sind selten, wie z.B. das Entlebuch im Kanton Luzern oder das Ägerital im Kanton Zug. Die grössten Weisstannenvorkommen sind im Jura zu finden (Quelle: infoflora.ch
Für uns Imker bedeutet dies, dass der typische dunkle Tannenhonig wohl nur noch seltenen und in geringeren Mengen in Weisstannenwäldern gewonnen werden kann. Wer heute noch echten Schweizer Tannenhonig auf seinen Sonntagszopf streichen kann, darf sich glücklich schätzen.
Echter Schweizer Waldhonig ist eine Rarität.
Zum Abschluss: Das Kabinett der Honigtauerzeuger
(Quelle der Bilder: Waldtracht.info)
Rotbraune Bepuderte Fichtenrindenlaus:
Grosse Schwarze Fichtenrindenlaus:
Kleine Fichtenquirlschildlaus:
Grüne Tannenhoniglaus:
Grosse Braunschwarze Tannenrindenlaus:
Quellen:
- ALP forum 2005, Nr. 23 d, Schweizer Sortenhonig, Forschungsanstalt Agroscope.
- Honigsorten-Bezeichnungen 3.4, Deutscher Imkerbund E.V. , Stand 10.12.2021.