Varroamilbe (Varroa destructor)

Varroamilbe (Varroa destructor)

Varroamilbe auf einer Bienen und stark vergrösserte Varroamilbe

Die Varroamilbe (Varroa Destructor) führt zur ektoparasitischen Milbenkrankheit der Varroatose. Varroatose schädigt die Bienen und die Bienenbrut. Seit 2022 ist Varroatose eine zu überwachende und somit meldepflichtige Tierseuche (TSV Art. 5 und Art. 291). Die Varroatose kann zu sekundären Virenkrankheiten, wie DWV oder ABPV führen.

Vor diesem Hintergrund ist das Verständnis über den Lebenszyklus der Milben für Imker entscheidend. Der Lebenszyklus der Varroamilbe spielt sich in zwei Phasen ab: Der Fortpflanzungsphase innerhalb der Brutzelle und der Verbreitungsphase (Disperal Phase) auf dem Körper einer erwachsenen Biene.

Fortpflanzungsphase innerhalb der versiegelten Brutzelle

Die weibliche Varroamilbe befindet sich gerne am Bauch der Ammenbienen. Die Ammenbienen füttern die heranwachsenden Bienenlarven. Kurz bevor die Bienen die Brutzellen mit dem Wachsdeckel verschliessen, kriecht die Varroamilbe in die Brutzelle. Bei Drohnenbrut kriecht die Milbe bereits 60 Stunden vor Zellverschliessung in die Zelle. Bei Arbeiterinnenbrut erst 30 Stunden vorher (Odemer et al., 2023).

Das bedeutet für Imker, welche die biotechnische Bekämpfungsmassnahme «Drohnenbrut schneiden» durchführen, dass nicht jede Drohenzelle bereits verdeckelt sein muss, um als «Varroamilben-Falle» effektiv zu sein.

Drohnenbrut ist für Varroamilben attraktiver als Arbeiterinnenbrut. Bei einer Studie von Fuchs (1990), waren Zellen von Drohnenbrut durchschnittlich 8,3-mal öfter von Varroamilben befallen als Arbeiterinnenbrut. Andere Studien sprechen von Faktoren bis zu 11-mal. Dieser Faktor hängt davon ab, wie viel Drohnenbrut vorhanden ist und zu welcher Jahreszeit die Probe genommen wird.

Das Signal für die Varroamilbe, sich in eine Brutzelle zu begeben ist nicht eindeutig erforscht. Als möglicher Milbenlockstoff wurde 2-Hydroxyhexaniocsäure gehandelt, welche im Futtersaft der Ammenbienen enthalten ist. Ein anderes Signal könnte der Abstand zwischen der heranwachsenden Bienenlarve und dem Zellrand sein. Sobald dieser 7,0 – 7,5 mm beträgt, wird die Zelle für Milben attraktiv. Eine ältere Wabe mit kleineren Zelldurchmessern, kann dazu führen, dass der Abstand von der Larve zum Zellrand früher erreicht wird und die Milben sich somit früher in Zellen begeben. Nicht erfolgreich sind generell kleinere Wabenzellen (Beetsma et al. 1999).

Für Imker könnte es interessant sein, Drohnenwaben auszuwaschen, statt auszuschneiden und mehrmals zu verwenden. Wobei meines Erachtens eine präzise Kennzeichnung der Wabe mit dem Volk wichtig ist, um mit gebrauchten Waben keine anderen Krankheiten zu verbreiten.

In der Brutzelle wandert die Milbe zum Boden der Zelle und versteckt sich zum Schutz vor den brutpflegenden Bienen unter der Bienenlarven. Da liegt sie im Futtersaft der Bienenbrut. Kurz nach der Zellverschliessung ist dieser durch die Larve aufgebraucht (Rosenkranz et al., 2010). Die Varroamilbe sticht die Bienenlarve im hinteren Körperteil an und beginnt zu saugen. An dieser Wunde nähren sich später auch die Jungmilben.

Rund 18 Stunden nach der Zellverschliessung bei Arbeiterinnenbrut, respektive 36 Stunden bei Drohnenbrut stimuliert die Larve die Varroamilbe zu deren Eireifung (Oogenese). Flüchtige Stoffe der Larvenkutikula sind zumindest ein Teil dieser Aktivierungssignale (Frey et al., 2013). Diese Oogenese dauert etwa 2 Tage, danach beginnt die Muttermilbe mit der Eiablage.

Zuerst legt die Muttermilbe ein unbefruchtetes männliches Ei. Danach legt sie circa alle 30 Stunden ein weibliches Ei. Während sich die Milben in der Zelle befinden, überträgt die männliche Milbe während mehrfacher Kopulation mit deren Schwestern insgesamt 30 bis 40 rundliche Spermatozoen in die Genitalöffnungen der jungen Weibchen. Diese Spermatozoen werden in den Spermatheca weiblicher Milben gespeichert und müssen einen weiteren Reifungsprozess im Genitaltrakt des Weibchens durchlaufen - die sogenannte Kapazitation. Die Kapazitation dauert etwa 5 Tage. Erst danach ist das Weibchen bereit, Eizellen zu befruchten und sich zu vermehren.

Bereits am 12. Tag nach der Zellverschliessung schlüpft die erwachsene Biene und verlässt die Zelle. Zu diesem Zeitpunkt ist die junge Varroamilben-Familie, wie das nachfolgende Bild zeigt, noch in voller Entwicklung.

Bildquelle: Rosenkranz et al., (2010). Biology and control of Varroa destructor.

  • Oben von links nach rechts: Prothonymphe (die jüngste Tochter), Deutonymphe (die zweitjüngste Tochter), Deutochrysalis (die zweitälteste Tochter).
  • Unten von links nach rechts: frisch gehäutetes junges Weibchen, Mutter, erwachsenes Männchen respektive Sohn.

Die männliche Milbe stirbt kurz nach dem Schlüpfen des Honigbienenwirts ab (Rosenkranz et al., 2010). Bei der ältesten Tochter ist die Kapazitation noch nicht abgeschlossen, die zweitälteste Tochter kann befruchtet sein oder nicht. Bevor sich die Töchter in eine Bienenzelle begeben, um sich erneut zu vermehren, beissen sie sich an einer Stockbiene fest, um Nahrung aufzunehmen und sich vollends zu entwickeln (Häussermann et al., 2016). Die Mutter schlüpft ohne erneute Ausbreitungsphase in die nächste Brutzelle. Im Mittel schlüpfen 1,4 erwachsene Tochtermilben aus jeder Arbeiterinnenbrutzelle. Bei Drohnenbrut beträgt der Reproduktionserfolg sogar 2,6 Töchter (Aumeier, 2012).

Ausbreitungsphase (Disperal Phase)

Diese Ausbreitungsphase während deren die Milben auf einer erwachsenen Biene sind, dauert 4.5 bis 11 Tage (Ellis et al., 2010). Sie befinden sich bevorzug auf Ammenbienen und ernähren sich von deren Fettkörper.

Für mich ist nicht geklärt, ob während dieser Ausbreitungsphase, die Milben durch wiederholte Sublimation von Oxalsäure oder durch Stossbehandlungen von Ameisensäure die Varroamilben erfolgreich bekämpft werden können.

Es können auch weibliche unbegattete Varroamilben überleben, die sich in der Wirtszelle noch nicht gepaart haben. Sie erzeugen einen männlichen Nachkommen und vermehren sich nach der ödipalen Paarung weiter (Häußermann et al., 2020).

Bei rund 35 Spermatozoen die eine Varroamilbe in sich trägt und bei max. 7 Eier, welche diese pro Zellinvasion legt, könnte man davon ausgehen, dass eine Varroamilbe bis zu fünfmal während seiner Lebenszeit in eine Bienenzelle eindringt (Donze et al., 1996). Die tatsächliche Zahl der Invasionen einer Varroamilbe in eine Zelle liegt jedoch deutlich tiefer und schwankt zwischen 1,5 und 3-mal (Fries und Rosenkranz, 1996).

Eine Varroamilbe lebt im Sommer rund 30 Tage. Im Winter kann sie 5 – 6 Monate auf den Bienen überleben.

Für mich ist es beeindruckend zu sehen, wie perfekt sich die Varroamilbe an unsere Bienenvölker angepasst hat und gerade deshalb bleit sie wohl noch lange unser grösster Widersacher. 

 Quellen und weiterführende Literatur:

  • Aumeier, P., Boecking, O., Liebig, G., (2012), To bee or not to bee – Situation und Perspektiven der Varroabekämpfung, S. 326.
  • Beetsma et al. (1999). Invasion behaviour of Varroa jacobsoni: from bees into brood cells. Apidologie 30, Seiten 125–140
  • Donzé, G., Herrmann, M., Bachofen, B., & Guerin, P. M. (1996). Effect of mating frequency and brood cell infestation rate on the reproductive success of the honeybee parasite Varroa jacobsoni. Physiological Entomology, 21(1), 17-26.
  • Ellis, J., Zettel Nalen (2010) Varroa Mite, Varroa destructor Anderson and Trueman.
  • Eva Frey, Richard Odemer, Thomas Blum, Peter Rosenkranz (2013). Activation and interruption of the reproduction of Varroa destructor is triggered by host signals (Apis mellifera), Journal of Invertebrate Pathology, Volume 113, Issue 1, 2013, Pages 56-62.
  • Fries, I., & Rosenkranz, P. (1996). Number of reproductive cycles of Varroa jacobsoni in honey-bee (Apis mellifera) colonies. Experimental & applied acarology, 20, 103-112.
  • Fuchs, S., (1990). Preference for drone brood cells by Varroa jacobsoni Oud in colonies of Apis mellifera carnica. Apidologie 21 (3). Pages 193-199.
  • Häußermann, C.K., Ziegelmann, B. & Rosenkranz, P. (2016). Spermatozoa capacitation in female Varroa destructorand its influence on the timing and success of female reproduction. Exp Appl Acarol 69, Seiten 371–387.
  • Häußermann, C.K., Giacobino, A., Munz, R. et al.(2020). Reproduktionsparameter des weiblichen Varroa destructor und der Einfluss der Paarung in der Arbeiterbrut von Apis mellifera. Apidologie 51, 342–355.
  • Odemer et al., (2023). Lohnt sich das Schneiden von Drohnenbrut? Schweizerische Bienenzeitung, Ausgabe 02-23, Seiten 20-24.
  • Rosenkranz et al. (2010). Biology and control of Varroa Destructor, Journal of Invertebrate Pathology, Volume 103, Pages 96-119.
  • Reams Taylor, Rangel Juliana (2022). Understanding the Enemy: A Review of the Genetics, Behavior and Chemical Ecology of Varroa destructor, the Parasitic Mite of Apis mellifera, Journal of Insect Science, Volume 22, Issue 1, January 2022.
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